Page 5 - MagSI Magazin Nr. 85_2021
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Bei Vorliegen des Stadiums II werden Metastasiertes Stadium (z.B. Cetuximab, Panitumumab) an. Bei
mehrere Aspekte zur Evaluation heran- Vorliegen von Mutationen im RAS-Gen
gezogen, ob eine adjuvante Therapie Insgesamt entwickeln ca. 40 % aller Pa- (KRAS/NRAS Exon 2-4) zeigt die Gabe
indiziert ist: anhand des Mikrosatelli- tienten mit Kolorektalkarzinomen eine von anti-EGFR-Ak keinen Benefit. Bei
ten-Stabilität(MSS)-Status und des Fernmetastasierung. In den meisten BRAF-mutierten Tumoren scheint eben-
Vorliegens von Risikofaktoren (T4 Fällen ist das Ziel einer systemischen falls kein relevanter Vorteil durch anti-
Stadium, Tumorperforation, intraopera- medikamentösen Therapie im Stadium EGFR-Ak generiert werden zu können.
tiver Tumoreinriss, Resektion unter IV eine Lebenszeitverlängerung. Bei bis Jedoch ist hier die Datenlage aufgrund
Notfallbedingungen, ≤ 12 untersuchte zu 25 % der Patienten mit synchron he- der Seltenheit dieser Karzinome einge-
Lymphknoten, histologisch gesicherte patisch metastasierten Kolorektalkarzi- schränkt. Bei Vorliegen einer RAS- oder
Lymph- oder Blutgefäßinvasion) erfolgt nomen besteht die Option der Heilung. BRAF-Mutation kann der VEGF-Ak (Be-
die Risiko-Nutzen-Abwägung einer Dies kann auch für Patienten gelten, die vacizumab) eingesetzt werden. Die An-
adjuvanten Chemotherapie. Die Ent- metachron eine Lebermetastasierung tikörper werden mit einer FP-haltigen
scheidung für oder gegen die adjuvan- entwickeln. Auch Patienten mit einzel- Zweifach- Chemotherapie kombiniert.
te Chemotherapie sollte nach Diskussi- nen Lungenmetastasen können zum Hier kann zwischen FOLFOX (5-FU, Fo-
on aller Risikofaktoren und in Teil einer kurativen Therapie zugeführt linsäure und Oxaliplatin) und FOLFIRI
Abwägung zu den erwartbaren Neben- werden. Ob im Einzelfall eine kurative (5-FU, Folinsäure und Irinotecan) ge-
wirkungen gemeinsam mit dem Patien- Therapie mit Metastasenresektion an- wählt werden. Bei fitten Patienten, die
ten getroffen werden. gestrebt werden kann, sollte in interdis- eine hohen Therapiedruck haben, kann
ziplinären Tumorkonferenzen festge- auch eine Dreifachkombination aus
Bei ca. 20% der Patienten mit Kolonkar- legt werden. Hier wird neben der FOLFOXIRI (5-FU, Folinsäure, Oxaliplatin
zinom im Stadium II wird eine sporadi- technischen Resektabilität die Sinnhaf- und Irinotecan) in Kombination mit
sche Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) tigkeit einer Resektion in Abhängigkeit anti-EGFR-Ak bzw. anti-VEGF-Ak disku-
nachgewiesen. Diese Patienten haben von etwaigen Komorbiditäten und All- tiert werden. [4; 12-20]
eine etwas bessere Prognose, sodass gemeinzustand des Patienten sowie
sie weniger von einer adjuvanten Che- der Tumorbiologie diskutiert. Das Vor- Neben den allgemeinen Nebenwirkun-
motherapie profitieren als Patienten mit liegen von nicht-resektablen Metasta- gen wie Übelkeit und Schwäche, treten
einem mikrosatellitenstabilenTumor. sen muss selbstverständlich ausge- in Abhängigkeit des Therapieregimes
In der Adjuvanz wird eine Fluoropy- schlossen sein. Durch eine typische Nebenwirkungen der verwen-
rimidin(FP)-haltige Therapie eingesetzt. Chemotherapie können ausgewählte deten Medikamente auf:
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Die orale Applikation wird gegenüber Patienten mit primär nicht-resektablen Bei Einsatz von Fluoropyrimidinen tre-
der intravenösen Gabe bevorzugt. Metastasen durch Verkleinerung ten häufig eine Mukositis, Diarrhoen,
Die Hinzunahme von Oxaliplatin ist ("Downsizing") einer sekundären Resek- Hand-Fuß-Syndrom und eine Knochen-
bei fehlendem Vorliegen von Risiko- tion zugeführt werden. [4; 10; 11] markdepression auf. Irinotecan kann zu
faktoren im Stadium II nicht indiziert. einem cholinergen Syndrom sowie zu
Im Stadium III wird in Abhängigkeit Erstlinientherapie wässrigen Diarrhoen führen, die häufig
des biologischen Alters (≤70 Jahre vs. medikamentös behandelt werden müs-
>70 Jahre) und etwaiger Komorbiditä- Im palliativen Setting spielt, neben der sen (z. B. mit Loperamid, Budesonid).
ten eine adjuvante Therapie mittels Verlängerung des Überlebens, die Er- Dies kann die Lebensqualität der Pati-
FP alleine oder in Kombination mit haltung der Lebensqualität bei der enten stark beeinträchtigen. Das Ma-
Oxaliplatin empfohlen. Die Hinzunah- Wahl der Therapie eine entscheidende nagement der Diarrhoen sollte daher
me von Oxaliplatin zu der FP-haltigen Rolle. Die Wahl der Erstlinientherapie ausführlich mit den Patienten bespro-
Therapie führt zu einer Erhöhung der legt die Prognose des Patienten fest, da chen werden. Auch eine Dosisredukti-
Überlebensrate sowie zu einer vermin- es sich um die effektivste Therapieopti- on kann notwendig sein. Oxaliplatin
derten langfristigen Rezidivrate. Wird on handelt und die meisten Patienten führt neben Übelkeit klassischerweise
alleiniges FP verabreicht, werden zumindest eine Erstlinientherapie er- zu einer peripheren Polyneuropathie,
6 Monate und die orale Gabe halten. Um die Therapie adäquat festle- die meist die kumulative Dosis limitiert
(Capecitabin) empfohlen. Wird sich gen zu können, muss der RAS- und und die Lebensqualität der Patienten
für die Kombinationstherapie entschie- BRAF V600E-Mutationsstatus sowie der einschränkt. Bei Behandlung mit Anti-
den, sollte bei T4 Tumoren und/oder MSS/MSI-Status bekannt sein. Ein Ent- EGFR-Ak kommt es gehäuft zu akneifor-
N2 eine 6-monatige Therapie durchge- scheidungsbaum zur Festlegung einer men Exanthemen, die meist v. a. ein
führt werden. Liegt ein T1-3 Tumor Therapie bei klinisch fitten Patienten kosmetisches Problem darstellen. Hier
und lediglich eine nodale Metastasie- siehe Abb 1. Bei Patienten mit einem können kortison- bzw. antibiotikahalti-
rung im Sinne von N1 vor, ist eine RAS Wildtyp Tumor spielt bei der Aus- ge Salben und anti-entzündlich wirken-
Therapie mittels 4 Zyklen Capecitabin wahl der effektivsten Therapieoption de Medikamente Abhilfe schaffen. Anti-
in Kombination mit Oxaliplatin (CAPOX) auch die Primärtumorlokalisation (PTL) angiogenetischen bewirken eine Ver-
für 3 Monate empfohlen. Der Einsatz eine Rolle. Patienten mit linksseitiger schlechterung oder das Auftreten von
von CAPOX ist hierbei bei unter 70-Jäh- PTL (alle Tumoren, inkl. Rektum, deren arterieller Hypertonie und haben als
rigen als gleichwertig zu FOLFOX (intra- Primarius distal bzw. in der linken Ko- schwere Nebenwirkung eine Protein-
venöses FP/5-Fluorouracil/5-FP, Folin- lonflexur gelegen ist) besitzen eine urie sowie thrombembolische Ereignis-
säure und Oxaliplatin) zu betrachten. günstigere Prognose und sprechen se. Hieraufhin sollte also regelmäßig
[4; 6-8] besser auf die Gabe von anti-EGFR-Ak untersucht werden.
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Das Thema Nr. 85 · 04/2021 5 5
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