Page 4 - MagSi 94
P. 4

Anwendung eines kontinuierlichen



         Stuhldrainagesystems am Beispiel



               einer Inkontinenzassoziierten



                                           Dermatitis





        Das Thema Inkontinenz gehört nach wie vor zu den stark tabuisierten Themen.

        Eine häufige Folgekomplikation der Stuhl- und/oder Urininkontinenz sind die schwer
        beherrschbaren Hautkomplikationen, die auch als Inkontinenzassoziierte Dermatitis

        (IAD) bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um Irritationen, die aufgrund einer
        vorgeschädigten Haut entstehen. „42% der inkontinenten Erwachsenen in einem
        Krankenhaus und 83% inkontinenter Personen in einer Intensiveinheit entwickeln eine

        IAD“ (Kroboth 2014, S. 4). Dies stellt gerade im Gesundheitssystem ein häufiges Problem
        dar, da eine IAD in bestimmten Stadien oftmals fehldiagnostiziert wird (Uebach 2020).


               Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung
                                     ©FgSKW
               weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet.
               Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.





          Inkontinenzassoziierte Dermatitis    flüssigkeiten im direkten Kontakt zur   ger Stuhl das Risiko nochmal. Die Ex-
          (IAD)                           Haut verursacht werden. In Anlehnung   position ist allerdings nicht die alleini-
                                          an diese Terminologie wurde für den   ge Ursache für die Entstehung der ent-
                 ie aktuelle Fassung der In-  deutschsprachigen Raum der Begriff   zündlichen Hautveränderungen. Meist
                 ternationalen Klassifikation   „Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden   spielen weitere Faktoren eine Rolle.
        „Dder Krankheiten der Weltge-     (FAH)“ gewählt. Durch den permanen-  Weitere Risikofaktoren sind, neben ei-
        sundheitsorganisation (ICD-10, in Ge-  ten Einfluss von Stuhl und/oder Urin,   ner hohen Defäkationsfrequenz, eine
        brauch seit 1994) enthält einen Code   sowie einer damit verbundenen physi-  bereits vorgeschädigte Hautbarriere,
        für Windeldermatitis, aber keinen ge-  kalisch-irritativen und/oder chemi-  eingeschränkte Mobilität, die Einnah-
        sonderten Code für IAD. Das Experten-  schen Reizung manifestiert sich kli-  me bestimmter Medikamente, wie
        panel empfiehlt, dass der Begriff IAD   nisch eine Rötung oder Schwellung,   bspw. Immunsuppressiva/ Antibiotika
        definiert und in die ICD aufgenommen   die oft mit brennenden Schmerzen   und ein vermindertes kognitives
        wird, und dass sie von Windeldermati-  einhergeht (WundDACH 2021). Basie-  Bewusstsein (Uebach 2020).
        tis abgegrenzt werden soll.       rend auf klinischen Studien zeigt sich,   Folgende Kriterien können eine IAD
        Die Verwendung einer einheitlichen   dass mit steigendem Alter der unwill-  verursachen:
        Terminologie für IAD ist förderlich für   kürliche Verlust von Stuhl und/oder
        die Forschung und sorgt für eine ver-  Urin zunimmt. 11% der Menschen   •  längerfristige Exposition gegenüber
        besserte Ausbildung von Gesundheits-  über 60 Jahre und fast 30% aller   Stuhl und Urin
        dienstleistern“ (Wounds International   Menschen über 80 Jahre leiden an   •  Anstieg des pH-Wertes der Haut
        2015, S. 1).                      einer Urininkontinenz und etwa 5%   •  Reibung durch Kleidung
        Die Inkontinenzassoziierte Dermatitis   der Bevölkerung an einer Stuhlinkonti-  •  Allergene oder Reizstoffe
        (IAD) ist Teil einer Gruppe von Krank-  nenz. Insgesamt zeigt sich, dass Men-  •  häufige Reinigung der Haut
        heitsbildern, die international als Moi-  schen, die an einer Stuhl- oder Doppe-  •  Okklusion durch aufsaugende
        sture-Associated Skin Damage (MASD)   linkontinenz (Stuhl + Urin) leiden, dem   Inkontinenzhilfsmittel
        bezeichnet werden. Sie umfasst alle   höchsten Risiko ausgesetzt sind, eine   •  Okklusive Hautpflegeprodukte
        Hautveränderungen, die durch Körper-  IAD zu entwickeln. Dabei erhöht flüssi-  (zu dick aufgetragen)

      4                 Nr. 94 · 04/2024                                                             Das Thema
   1   2   3   4   5   6   7   8   9