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bestimmte Zielgruppen und können gesellschaft, die sich auf (inter-)natio- chronisch einzustufen. Für eine rasche
eigene Pflegesprechstunden etablie- naler Ebene für eine bessere Versor- Diagnose benötigt es geschultes Perso-
ren. Der Fokus liegt dabei neben der gung von Menschen mit chronischen nal, wie zum Beispiel Pflegefachperso-
Akutversorgung auf der Förderung der Wunden einsetzt. Ihr Ziel ist es, Präven- nen mit erweiterter Fachkompetenz
Gesundheitskompetenz der Patient* tion und Versorgung chronischer Wun- (Storck et al., 2019).
innen sowie auf der Stärkung von Prä- den zu optimieren, indem sie standar-
vention und Gesundheitsförderung disierte Bildungsprogramme für CHNs sind wie vormals beschrieben, im
durch die Etablierung bedarfsgerech- Wundexpert*innen und Pflegethera- Bereich „Home Health“ bzw. Strukturen
ter Angebote. Gerade bei Menschen peut*innen anbietet. Absolvent*innen der Primärversorgung tätig und verfü-
mit komplexen Bedarfslagen, wie zum dieser Programme sollen eine ganz- gen über erweiterte klinische Kompe-
Beispiel durch Multimorbidität oder heitliche und respektvolle Patient* tenzen, je nach Berufsbiografie auch
chronische Erkrankungen, können innenbetreuung fördern, bei der die über Zusatzqualifikationen im Bereich
CHNs den Versorgungsprozess der Pati- individuelle Lebensqualität im Mittel- Wundversorgung, zum Beispiel in Form
ent*innen koordinieren und im Sinne punkt steht und ein bio-psycho-sozia- der Basis-Qualifikation „Wundexpert*in
eines Case-Management-Prozesses les Verständnis im Vordergrund steht ICW“. Damit sind CHNs in der Lage,
steuern (Agnes-Karll-Gesellschaft für (ICW, 2024). frühzeitige diagnostische Maßnahmen
Gesundheitsbildung und Pflegefor- einzuleiten und entsprechende Weiter-
schung, 2018; WHO, 2017). Storck et al. (2019) beschreiben in ihrer vermittlung zu organisieren, um somit
Arbeit Empfehlungen zur Verbesse- bereits im frühen Stadium die notwen-
Laut der Fachgesellschaft Stoma, Konti- rung des Wundmanagements chroni- digen Interventionen zu ermöglichen.
nenz und Wunde e.V. (FgSKW) sind ins- scher Wunden. Dabei wurde unter Dabei werden vorhandene Strukturen
besondere Menschen mit Kontinenz- anderem ein Schema zur optimalen genutzt und die fallorientierte Zusam-
problemen, einer Stomaanlage oder Versorgung chronischer Wunden, im menarbeit mit Wundexpert*innen in
einer chronischen Wunde von mehrdi- Sinne eines Behandlungspfades aktua- die Wege geleitet.
mensionalen Belastungssituationen lisiert. Vom Erstkontakt, über Diagnos-
im Leben betroffen. Diese komplexe tik bis zu Verlaufskontrollen werden die Im Sinne eines Case- bzw. Disease-
Problemlage bedürfe einer umfassen- Rollen von Allgemeinmedizin, fachärzt- Managements können CHNs dazu bei-
den Therapiebegleitung durch ge- licher Versorgung und spezialisiertem tragen, dass die von Storck et al. (2019)
schulte Pflegefachpersonen. Wundzentrum beschrieben. Eine CHN beschriebenen Behandlungsschemata
Um entsprechend den aktuellen wis- kann in diesem Zusammenhang initia- konsequent verfolgt werden. Durch
senschaftlichen Erkenntnissen agieren le Kontaktperson sein. Sie stellt bei- die Schaffung gesundheitsförderlicher
Lebensbedingungen und der Förde-
spielsweise während eines Erst-Assess-
zu können, müssten die Pflegenden ©FgSKW
spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse ments bei einem präventiven rung von Gesundheitskompetenz tra-
erlangen, wodurch die Weiterbildungs- Hausbesuch oder in einer Pflege- gen CHNs zudem dazu bei, ein bedarfs-
erfordernis zum „Pflegeexperten Sto- sprechstunde eine chronische Wunde gerechtes Umfeld zu schaffen und
ma, Kontinenz und Wunde“ begründet fest. Zugangshürden, wie Mobilitätsproble-
wird. Diese Expert*innen sind insbe- Die Autor*innen beschreiben im Pro- me, Behandlungsbrüche und fehlen-
sondere in stationären Einrichtungen blemaufriss des Artikels, dass es im des Wissen der Patient*innen zu redu-
sowie in großer Zahl bei Homecare- Durchschnitt 3,5 Jahre dauert, bis zieren.
Unternehmen im ambulanten Bereich Patient*innen mit einer chronischen
anzutreffen (FgSKW, o.J.). Wunde tatsächlich eine fachärztliche Letztlich wirkt CHN auch auf der Netz-
Behandlung und kausale Therapiean- werk- und Strukturebene, da sich das
Zusammenarbeit von spezifisch gebote erhalten (Storck et al., 2019). Berufsbild besonders durch seine
weitergebildeten Pflegefach- Je früher eine korrekte Diagnose er- Bevölkerungsorientierung im Kontext
personen und Community Health folgt, umso höher sind die Chancen für Gesundheitsförderung und Prävention
Nurses eine Heilung. Insbesondere das diabe- auszeichnet. Storck et al. (2019) fassen
tische Fußsyndrom, Dekubitus und der in ihrer Arbeit auch die Ergebnisse der
Die Initiative Chronische Wunden Ulcus cruris arteriosum sowie venosum Expert*innen-Arbeitsgruppe „Versor-
(ICW) ist eine interprofessionelle Fach- sind von Beginn an per Definition als gungsstruktur“ des Expertenrats Struk-
turentwicklung Wundmanagement
zusammen. An erster Stelle für die
Empfehlungen zum „Netzwerkaufbau
und Umsetzung der Aufgaben“ wird
konstatiert, dass die am Prozess betei-
ligten Berufsgruppen aus allen Sekto-
ren gemeinsam die Aufgaben und
Verantwortlichkeiten miteinander
aushandeln sollen, um möglichst Syn-
ergieeffekte zu erzielen (Storck et al.,
2019). Ebendiese Vielfalt an Stakehol-
dern und Schnittstellen zu recherchie-
Abbildung 2: Eigene Darstellung der Fachgruppe CHN ren, jene zielgruppenbezogen zusam-
14 Nr. 96 · 12/2024 Das Thema