Page 12 - MagSI Magazin Nr. 86_2021
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Postoperative Besonderheiten      Die Harnmenge sollte >50-100 ml/h  Inkontinenz
                                          jedoch mindestens 30 ml/h betra-
        Anzumerken ist, dass bei beiden OP-  gen.                            Aufgrund der operativen Entfernung
        Methoden zur Entlastung der Neoblase                                 der Harnblase ist die nervale Verbin-
        und des Wundgebietes Katheter bzw.  Bei der OP-Methode nach Hautmann  dung an das Miktionszentrum gestört.
        Wunddrainagesysteme nach Wahl des  befinden sich folgende Ableitungen:  Die Ersatzblase, die aus Darmsegmen-
        Operateurs verwendet werden.        Dauerkatheter,                   ten gebildet wurde, verfügt über keine
        Bei der Postoperativen Nachversorgung    Silikonwunddrainagen,       Dehnungsrezeptoren wie sie bei der
        sind folgende allgemeine Punkte zu    Zwei Harnleiterschienen.       natürlichen Harnblase vorhanden sind.
        beachten:                                                            Somit ist eine Wahrnehmung des natür-
          Ausreichende Schmerztherapie,   Um eine Schleimtamponade (konti-   lichen Harndranges nicht mehr gege-
          Kontrolle der Vitalzeichen,     nuierliche Schleimproduktion des   ben. In den häufigsten Fällen besteht
          Labor- und Blutgasanalysekontrolle,  ausgeschalteten Darmsegmentes zur  zudem eine Störung der Speicher-,
          Kontrolle der Wunddrainagen.    Reservoir-Bildung) zu vermeiden,   Kontinenz- und Entleerungsfunktion
                                          ist der Dauerkatheter 2- bis 3-mal  bedingt durch die Schwäche des äuße-
        Diese regelmäßigen Kontrollen sind  täglich mit 50 ml Kochsalzlösung  ren Urethralsphincters. Außerdem ist
        wichtig, um frühzeitig postoperative  anzuspülen.                    die Inkontinenz mitbedingt durch in-
        Komplikationen (Nachblutungen, Sep-  Die Harnleiterschienen werden nach  traabdominelle Druckerhöhungen.
        sis, Harnabflussstörungen, Darmfunkti-  Durchführung eines retrograden
        onsstörungen bis zum Ileus, Infektio-  Zystogrammms am 10. - 12. postope-  Schleimbildung
        nen und Wundheilungsstörungen etc.)  rativen Tag entfernt.
        zu erkennen und zu behandeln. Hier ist  Wenn die urethrale Anastomose eine  Die Mukusbildung (Schleimbildung)
        zu beachten, dass die Harnleiterschie-  Dichtigkeit zeigt, erfolgt die Entfer-  der Darmersatzblase kann zur Rest-
        nen (Splints) aus dem neugebildeten  nung des Dauerkatheters. Sollte eine  harnbildung und Harnverhalt führen,
        Reservoir über die Bauchdecke mün-  Urinleckage ersichtlich sein, wird der  was eine Infektion der Harnwege stark
        den und in sterile Urindrainagesysteme  Dauerkatheter bis zum Spontanver-  begünstigt. Somit sollte die Harnaus-
        abgeleitet werden. Die Harnleiterschie-  schluss belassen.           scheidungsmenge ca. zwei Liter pro
        nen müssen min. >50-100 ml/h Urin                                    Tag betragen. Anfänglich sind regelmä-
        fördern und bedürfen einer regelmäßi-  Komplikationen                ßige Spülungen der Neoblase durchzu-
        gen Kontrolle.                    Bei der Verwendung von Darmgewe-   führen, um einer vermehrten Schlei-
                                     ©FgSKW
                                                                             mansammlung entgegenzuwirken. Die
        Bei der OP-Methode nach Studer befin-  be zur Harnableitung handelt es sich  Mukusbildung lässt meist nach einigen
        den sich folgende Ableitungen:    um eine große Operation, bei der in  Wochen bis Monaten nach, da es zu
          Zystostomiekatheter,            den meisten Fällen eine radikale Zys-  einer Atrophie der Mikrovilli in der
          Dauerkatheter,                  tektomie voraus geht. Geschuldet der  Darmschleimhaut kommt.
          Rechter- und linker Harnleitersplint,  Komplexität des rekonstruktiven Ein-
          Zwei Wunddrainagen.             griffs ist ein erhöhtes Risiko an opera-  Harnwegsinfektion
                                          tiven Früh- als auch Spätkomplikatio-
        Nach der Operation muss die Ersatz-  nen gegeben, die einer gezielten  Bei Harnableitungen aus Dünndarm-
        blase alle sechs Stunden mit je 50 ml  Behandlung bedürfen. Um eine fach-  segmenten tritt bei ca. 80 % der Patien-
        physiologischer Kochsalzlösung ge-  gerechte Diagnostik und Behandlung  ten eine asymptomatische Bakteriurie
        spült und Schleim aktiv aspiriert wer-  gewährleisten zu können, ist eine ge-  auf, wohingegen sie bei der Verwen-
        den. Es ist darauf zu achten, dass der  schulte Patienten-beobachtung durch  dung von Dickdarmsegmenten fast
        Zystostomiekatheter durchgängig   das Pflegepersonal unabdingbar.     immer auftritt. Weitere Infektursachen
        ist, um somit einen zu hohen Druck                                   sind Restharnbildung, Reflux in den
        im Reservoir zu vermeiden. Ein Ver-  Operative und funktionelle      oberen Harntrakt, Schleimbildung in
        hindern der Schleimansammlung     Spätkomplikationen –               der Neoblase und eine längere Dauer-
        beugt das Risiko einer Infektion und  Implantationsstenosen          katheterversorgung. Wie eine große
        Schleimblockade vor. Das Kürzen                                      retrospektive Studie an über 7.000 Pati-
        und Entfernen der Wunddrainagen   Eine Verengung (Stenose) der Verbin-  enten nach Harnableitung zeigte,
        erfolgt frühestens am dritten Tag.  dung zwischen Neoblase und Harnlei-  musste sich jeder dritte Patient auf-
        Die Harnleiterschienen werden am  ter kann im postoperativen Verlauf oder  grund symptomatischer Harnwegsin-
        5 - 8. Tag entfernt. Die Zystographie  weiteren Genesungsprozess auftreten  fektion einer stationären Behandlung
        erfolgt am 9. oder 10. postoperativen  und eine Niereninsuffizienz nach sich  unterziehen. Nach van Hemelrijck ist
        Tag.                              ziehen. Symptome hierfür können eine  das Risiko bei orthotoper Neoblase am
        Sofern kein Extravasat ersichtlich ist,  geringere Urinausscheidung, Reflux,  höchsten, wohingegen es beim Con-
        wird der Zystostomiekatheter ent-  Stauungsniere und erhöhte Nierenpa-  duit am geringsten ist. Häufig auftre-
        fernt. Gleichzeitig wird mittels Ultra-  rameter sein. Eine perkutane Nephro-  tende Symptome sind u.a. Fieber,
        schallgerät kontrolliert, ob die Ersatz-  stomieanlage wird in den meisten  Schüttelfrost, Bauchschmerzen und
        blase erkennbar ist. Zwei Tage nach  Fällen bei einer vermuteten Implanta-  Unwohlsein. Neben der testgerechten
        Entfernen des Zystostomiekatheter  tionsstenose zur Nierenentlastung  antibiotischen Behandlung ist bei
        wird der Dauerkatheter gezogen.   angewandt.                         Fieber eine vorübergehende Dauerka-


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