Page 18 - MagSI Magazin Nr. 85_2021
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Menschen mit Demenz
im Krankenhaus
Etwa die Hälfte der Patientinnen und Patienten in Allgemeinkrankenhäusern ist älter
als 60 Jahre, etwa 12 Prozent sind von einer Demenzerkrankung betroffen. Ihr Anteil
wird in Zukunft voraussichtlich erheblich steigen. Wenn Demenzerkrankte wegen
eines Bruchs oder einer Herzerkrankung in ein Krankenhaus aufgenommen werden,
ist „Demenz“ meist nur eine „Nebendiagnose“. Vielfach werden Demenzerkrankungen
erst während des Klinikaufenthaltes bemerkt, manchmal gar nicht.
ie meisten Krankenhäuser sind ckelt worden, die großenteils an die Si- beim Umgang mit den Patienten ent-
bisher nicht auf Menschen mit tuation im Krankenhaus angepasst wer- stehen im Krankenhaus nicht etwa, weil
DDemenz eingestellt und viele den können: eine besondere Gestal- der Patient die Uhr nicht richtig zeich-
Angehörige berichten von schlechten tung der Umgebung, das Einbeziehen nen, eben gehörte Worte nicht wieder-
Erfahrungen. Es gibt aber auch positive der Biografie in das pflegerische Han- holen oder keinen vollständigen Satz
Beispiele. Und es gibt mittlerweile eini- deln oder das Eingehen auf die Ge- schreiben kann. Vielmehr sind es das
ge Projekte, die versuchen gute Kon- fühlswelt der Betroffenen. Natürlich ist ziellose Herumlaufen, Schreien oder
zepte für die Versorgung von Demen- das nicht immer einfach. Am wichtigs- körperliche Attacken gegenüber dem
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zerkrankten in den Krankenhäusern zur ten ist eine Umkehr bei den Denkmus- Personal, die eine Belastung darstellen.
Umsetzung zu bringen. tern, Haltungen und Strukturen, die für
Diese Verhaltensveränderungen zu er-
das Krankenhaus typisch sind. So muss
Was sich in den Krankenhäusern erkannt und dokumentiert werden, kennen, sie in Entstehung und Ausprä-
ändern sollte wenn eine Demenz besteht oder zu- gung einzuordnen und vor allem die
mindest, falls keine Diagnose gestellt nicht-medikamentösen Methoden zu
Um die Situation Demenzkranker in ist, dass die Fähigkeit der Patienten, die kennen, mit denen sie gemildert oder
den Krankenhäusern wesentlich zu ver- Situation richtig einzuschätzen und das vermieden werden können, ist bei de-
bessern, müssen die Probleme von al- eigene Verhalten darauf einzustellen, menzkranken Patienten von größter
len Beteiligten gemeinsam angegan- eingeschränkt ist. Oft bewirken schon Bedeutung. Spezielle Kommunikation,
gen werden. Besonders wichtig sind kleine Änderungen Wunder, wie z. B. Milieugestaltung, biografisches Wissen,
dabei Verbesserungen in drei Berei- die Einrichtung eines Häkchens in der integrative Helferinnen und Helfer, die
chen: elektronischen Dokumentation oder diese zuwendende Betreuung leisten.
• Information über die erkrankte das Anlegen eines Patienten-Bänd- Alleine die„Grünen Damen und Herren“
Person und Kooperation mit den chens, das darauf hinweist, dass hier und die„Katholische Krankenhaushilfe“
Angehörigen besondere Aufmerksamkeit und Fürsor- stellen bundesweit knapp 15.000 Per-
• Fachwissen über Demenzerkran- ge notwendig sind. Auch wenn wissen- sonen. Sie alle werden immer häufiger
kungen schaftliche Studien bisher noch weitge- auch mit dem Thema Demenz konfron-
• Angemessene Strukturen und hend fehlen, ist dies doch die Richtung, tiert. Es bleibt also zu hoffen, dass aus
Abläufe in den Krankenhäusern, in der sich Krankenhäuser aus demo- den Modellen mittelfristig eine Regel-
z. B. schnellere Aufnahme, grafischen Gründen entwickeln müs- versorgung werden wird, zugunsten al-
Rooming-in für Angehörige sen. Als besonders wichtig erweist sich ler Beteiligten, vor allem aber der Men-
dabei die Schulung von Mitarbeiterin- schen mit Demenz. Ihnen muss ein
Dr. Wilfried Teschauer schrieb in der nen und Mitarbeitern im Krankenhaus menschenwürdiger Krankenhausauf-
Alzheimer Info dazu Folgendes: zum Thema Demenz. Denn viele von ih- enthalt ermöglicht werden!“
„Es ist also keineswegs unbekannt, wie nen besitzen keinerlei Strategien, um
die Versorgung von Patienten mit der unvorhersehbare Probleme mit de- In der Broschüre der Deutschen Alzhei-
„Nebendiagnose“ Demenz am besten menzkranken Patienten zu meistern. mer Gesellschaft aus dem Jahr 2013
erfolgen sollte. Im Gegenteil: In der Al- Sie müssen daher vor allem in Bezug zum Thema„Demenz im Krankenhaus“
tenpflege sind in den vergangenen auf herausfordernde Verhaltensweisen werden folgende 13 Empfehlungen für Bild: geralt – Pixabay
Jahrzehnten weg-weisende„nichtmedi- und den richtigen Umgang damit ge- den Umgang mit Menschen mit De-
kamentöse“ Versorgungsansätze entwi- schult werden. Die Schwierigkeiten menz gegeben.
18 Nr. 85 · 04/2021 Das Thema