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Ergänzend fügte Stürmer hinzu: Die Die für Patient:innen relevanten vorliegender Studiendaten aus. Aus
Kriterien des sogenannten„Patient- Behandlungsergebnisse wie Schmerz- Sicht des BVMed sei hier, ebenso wie
reported outcome measure“ (PROM) reduktion und Lebensqualität seien für die Studienplanung, ein Beratungs-
seien seit gut zehn Jahren national schon die entscheidenden Parameter, recht der Hersteller gegenüber dem
und international publiziert, allerdings an denen eine Wundtherapie auszu- G-BA nötig, analog zur Möglichkeit für
hätten sie bisher nicht ausreichend richten sei, sagte Prof. Dr. Andreas den Bereich der Arzneimittel.
Eingang in klinische Studien zur Maier-Hasselmann, Chefarzt für
Wundtherapie gefunden.„Bisher Gefäßchirurgie, München Klinik Als Wunsch und Vorschlag für das wei-
waren objektive und visualisierbare Bogenhausen. tere Vorgehen regten mehrere Teilneh-
Kriterien das Maß aller Dinge, das „Der Wundverschluss ist als Endpunkt mende an, die Bewertungskriterien für
Ausmessen und Schrumpfen von unverzichtbar, das ist es, worauf es Studien vorab mit dem G-BA zu be-
Wunden“, so Stürmer. Dabei seien ankommt und was wir leisten wollen. sprechen, damit nicht aufwändige
auch die PROMs als klinisch relevant Deshalb sollte man den nicht auf die Studien von den Herstellern erstellt
und somit„harte Kriterien“ anzusehen. Seite schieben“, betonte Maier-Hassel- würden, die der G-BA dann später
mann. nicht akzeptiere. Allerdings sollten die
Dr. Susanne Kanya, Allgemeinmedizi- Erfahrungen der DiaFu-Studie berück-
nerin und Leiterin des Bereichs„ärztli- Unklarheit der Kriterien für sichtigt werden, bei welcher die gefor-
che Wundbehandlung“ eines MVZ in künftige Studien derten Endpunkte unrealistisch waren.
Krefeld, nannte die Vermeidung von
Antibiotika- Gaben als ein besonders Die künftig erforderlichen Nutzen- Plädoyer für qualifizierte
relevantes Kriterium für lokale antimi- nachweise für die sonstigen Produkte Wundzentren
krobielle Wundauflagen im ambulan- zur Wundbehandlung sorgen bereits
ten Bereich. für Probleme in der täglichen Praxis. Ein weiteres Anliegen der Diskutieren-
„Ein ganz wichtiges Ziel bei dieser Pati- „Die Verunsicherung in der Fachwelt den war die qualifizierte Versorgung
ent:innengruppe ist die Vermeidung ist schon da“, sagte Martin Motzkus, von Wunden, beispielsweise in Wund-
der Verschreibung von Antibiotika“, Leiter Wundmanagement am Evange- netzen. Storck beschrieb die fehlende
so Kanya. lischen Krankenhaus Mülheim an der Standardisierung bei den Vernetzun-
Ruhr. Es gebe keinen Dialog und Un- gen als Problem:„Die umfassende,
Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der klarheit über die künftigen Kriterien qualitativ hochwertige Wundversor-
Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie der Studien. Das führe bereits dazu, gung erfordert sehr viele fachliche
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des Städtischen Klinikums Karlsruhe, dass manche Produkte nicht mehr ver- Kompetenzen.“ Dafür müssten Netz-
betonte zusätzlich die zu beachtende schrieben würden, weil Unsicherheit werkstrukturen mit dem nötigen
Heterogenität von Wunden. über die zukünftige Erstattung herr- Grundwissen geschaffen werden, bei
„Es ist zu beobachten, dass die Wund- sche, so Motzkus. Mehrere Diskutieren- denen auch ein Konsens über die sinn-
heilungsgeschwindigkeit von der de wiesen auf einen mangelnden Aus- vollen Diagnosen, Therapien und Maß-
Grunderkrankung abhängt.“ tausch mit dem G-BA hin. So gebe es nahmen herrschen müsse. Dies sei bis-
Studien zu chronischen Wunden müss- von diesem bisher keine ausreichend her noch nicht ausreichend der Fall.
ten aus methodischen Gründen daher konkreten Vorgaben und auch keine Dem stimmte Kanya zu:„Alle, auch
immer die Grunderkrankung sowie die Beratungsmöglichkeit darüber, wie gerade im politischen Bereich, reden
„Quality of life“ der Patient:innen be- Studiendesigns für die betroffenen davon, dass wir Wundzentren wollen,
rücksichtigen. Produkte aussehen könnten. dass wir Spezialisierung wollen, aber
Zudem wies er darauf hin, dass der keiner möchte es bezahlen.“ Für die
Wundschluss als Kriterium bei Wund- Juliane Pohl, Leiterin des Referats Am- zukünftige Umsetzung müssten drin-
studien dazu führen würde, dass ent- bulante Gesundheitsversorgung beim gend Lösungen gefunden werden. Auf
sprechende Studien den Endpunkt BVMed, wies darauf hin, dass diese häufig fehlende Gesamtkonzepte bei
nicht erreichen oder aufgrund der not- Medizinprodukte ihre Funktionalität der Wundbehandlung wies Motzkus
wendigen Fallzahlen unter Umständen bereits nachgewiesen hätten, es fehl- hin.„Neben der Evidenzfrage muss
viele Jahre dauern würden. Es sei da- ten aber die transparenten Verfahren auch geklärt werden, passt das Kon-
her notwendig, die nur in einer Wund- und Kriterien für die neuen Nachweise zept, das beinhaltet nicht nur die
phase nützlichen und angewendeten gegenüber dem G-BA.„Das ist im Mo- Wundauflage, sondern eben ein medi-
Produkte auch nur in dieser Phase zu ment die Lücke“, so Pohl. Die Hersteller zinisch-pflegerisches Gesamtkonzept“,
untersuchen und zu evaluieren. Hier- seien gewillt, Nachweise zu erbringen, so Motzkus. Daran scheitere es häufig.
für müsse ein jeweils passender und wüssten aber immer noch nicht, wie
messbarer Endpunkt gefunden wer- sie das tun sollten.„Der G-BA hat diese V.i.S.d.P.:
den, welcher beispielsweise auch die Kriterien dabei nicht ausreichend klar- Manfred C. Beeres
messbare Infektionsbehandlung oder gestellt“, sagte Pohl. Problematisch sei Leiter Kommunikation
die abnehmende Wundgröße sein das auch für schon seit vielen Jahren Pressesprecher BVMed
könne. Natürlich bleibt generell das auf dem Markt befindliche Produkte, Bundesverband Medizintechnologie e.V.
Ziel einen Wundschluss zu erreichen, für die bereits Studiendaten vorlägen, Reinhardtstr. 29 b
außer bei stabilen kleinen Kuppen- ergänzte Wilken. Die Teilnehmer:innen 10117 Berlin
oder Fersennekrosen oder Minor- sprachen sich in diesem Zusammen- T +49 30 246 255-20
Amputationswunden. hang für die Berücksichtigung bereits M +49 172 615 7426
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