Page 25 - MagSI Magazin Nr. 85_2021
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auf subtile Weise Detraktionen erhält,  vorwiegend auf die ambulante oder  in der person-zentrierten Pflege als Per-
            beginnt sie an der Aufrichtigkeit der  stationäre Langzeitversorgung ange-  sönlichkeiten angesehen und ihr Ver-
            Pflegenden zu zweifeln und wird miss-  passt und nur in einer modifizierten  halten als individuelle Ausdrucksform
            trauisch, sie reagiert mit Gefühlen von  Form auf die stationäre Krankenpflege  respektiert.
            Unsicherheit, Angst, Apathie, Aggressi-  übertragbar. „Ungeachtet dessen bein-
            onen und kann sich herausfordernd ge-  halten sie Grundsätze und Methoden, die  Validation
            genüber Pflegenden verhalten“.     unabhängig vom jeweiligen Versor-
            Aufgrund von kommunikativen Ein-   gungssetting Gültigkeit haben“. In den  Die Validation wird zum einen als empa-
            schränkungen nutzen Demenzkranke   nun anschließenden Kapiteln werden  thische Grundhaltung beschrieben, die
            demnach herausfordernde Verhaltens-  die zentralen Schwerpunkte vorgestellt.  auf humanistische Prinzipien beruht.
            weisen, um ihre unerfüllten Bedürfnisse                               Zum anderen stellt die Validation eine
            und ihre Probleme zu äußern. Diese Tat-  Qualifikation des Pflegepersonals  Technik der Kommunikation mit de-
            sache unterstreicht den zunehmenden                                   menziell Erkrankten dar. Dabei wird be-
            Paradigmenwechsel in Bezug auf das  Pflegende, die nur geringe fachliche  rücksichtigt, dass bei den Betroffenen
            professionelle Pflegeverständnis von  und psychosoziale Kompetenzen im  die Sehkraft, das Gehör, das Kurzzeitge-
            demenziellem Verhalten. Es handelt  Umgang mit demenziell Erkrankten be-  dächtnis und die Kontrollmechanismen
            sich um eine Bewegung hin zu einer bi-  sitzen, fühlen sich in herausfordernden  des Sozialverhaltens nachlassen.
            opsychosozialen Perspektive von her-  Situationen oft hilflos und entwickeln  Im Rahmen der Validation orientieren
            ausfordernden Verhaltensweisen und  dem Demenzkranken gegenüber Ge-   sich die Pflegekräfte an dem emotiona-
            einer Abwendung von einem rein me-  fühle, wie Ärger oder Wut, was sich wie-  len Gehalt des Gesagten bzw. des Ver-
            dizinischen Kausalverständnis von De-  derum negativ auf die Pflegebeziehung  haltens der Demenzkranken ohne es
            menz. In dem biopsychosozialen An-  auswirken kann. Pflegende benötigen  korrigieren zu wollen. Sie fokussieren
            satz wird der Schwerpunkt nicht mehr  professionelles Wissen, um die Versor-  dabei die Ursachen des Verhaltens von
            auf die reine Eliminierung oder Reduk-  gungsqualität und die Pflegebeziehung  Demenzkranken unter Berücksichti-
            tion bestimmter Reaktionen gelegt.  zum demenziell Erkrankten zu optimie-  gung biografischer Faktoren sowie psy-
            Vielmehr stehen Möglichkeiten zur All-  ren. Das initiale Ziel der Qualifizierung  chischer, sozialer und physischer Be-
            tagsgestaltung Demenzkranker im Zen-  von Pflegenden ist der Erwerb eines  dürfnisse. Das befähigt die Pflegenden
            trum der Betrachtung, um das Wohlbe-  Grundverständnisses für die Erkran-  zu einem gefühlsorientierten verste-
            finden der Betroffenen zu          kung Demenz sowie die Entstehungs-  henden Umgang mit demenziell Er-
            gewährleisten.                     zusammenhänge von herausfordern-   krankten. Diese Umgangs- und Kommu-
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                                               den Verhaltensweisen. Zusätzlich
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            Insgesamt lässt sich festhalten, dass das  sollten die Kognition, die Emotion und  bei, dass sich der Betroffene von der be-
            Wissen über die Erkrankung Demenz  die Haltung der Pflegenden angespro-  treuenden Pflegekraft als Person ange-
            und die Entstehungszusammenhänge   chen werden, damit sie ein Verständnis  nommen fühlt und dadurch Vertrauen
            von herausfordernden Verhaltensweisen  für die Situation und das Verhalten von  in die Pflegesituation aufbaut. Heraus-
            die Basis für eine erfolgreiche Planung  Demenzkranken entwickeln können.  fordernde Verhaltensweisen, die
            und Durchführung pflegerischer Inter-  Im weiteren Schritt sollten Pflegende in  demenziell Erkrankte aufgrund von
            ventionen darstellt. Laut der Verstehen-  ihren Interaktions- und Verstehenskom-  unverständlichen Pflegesituationen
            den Diagnostik sollte der Fokus pflegeri-  petenzen im Umgang mit demenziell  und dem Gefühl„nicht verstanden zu
            schen Handelns auf die Bedürfnisse des  Erkrankten qualifiziert werden, sodass  werden“ entwickeln, können durch
            Demenzkranken ausgerichtet sein und  sie situativ angemessen auf die heraus-  eine validierende Kommunikation
            nicht auf die reine Reduktion eines für  fordernden Verhaltensweisen und Be-  vorgebeugt werden. Durch die Validati-
            die Umwelt störenden Verhaltens. Ne-  findlichkeiten reagieren können. Schu-  on können Ursachen für herausfordern-
            ben dem ist die Expertise über geeigne-  lungen sollten zudem einen Theorie-  de Verhaltensweisen erkannt werden
            te pflegerische Maßnahmen zur Deeska-  Praxis-Transfer leisten, damit das erwor-  und deren Eskalation durch adäquate
            lation von herausforderndem Verhalten  bene Wissen effektiv in die Praxis um-  pflegerische Maßnahmen vermieden
            ein zentraler Aspekt für die Sicherung  gesetzt werden kann.          werden, wie z. B. Schmerzmittelgabe
            der Versorgungsqualität demenziell Er-                                nach Arztanordnung bei lautem
            krankter. In der Literatur werden die An-  Person-zentrierte Umgangs-und  Schreien und Rufen mit Anzeichen
            sätze zur pflegerischen Versorgung von  Kommunikationsformen          des Unwohlseins. Die validierende
            Demenzkranken als„demenzsensible                                      Grundhaltung und die Techniken der
            nicht-medikamentöse Konzepte“ be-  In der Literatur wird der person-zen-  Validation sind laut Naomi Feil in allen
            schrieben. Die relevanten Methoden  trierte verstehende Ansatz als wesentli-  pflegerischen Situationen, somit auch
            hinsichtlich der Versorgung Demenz-  che Voraussetzung für den Umgang  in der Stomaversorgung, einsetzbar.
            kranker im Akutkrankenhaus werden im  und die Kommunikation mit demenzi-  Ferner werden in der Literatur weitere
            folgenden Kapitel kurz skizziert.  ell Erkrankten gefordert. Es handelt sich  Kommunikationsregeln mit Demenz-
                                               um eine Grundhaltung, die auf dem  kranken empfohlen, die ebenfalls
              Demenzsensible nicht-            Prinzip der Wertschätzung und des Re-  zentrale Aspekte der person-zentrierten
              medikamentöse Konzepte           spekts beruht. Bei der person-zentrier-  Kommunikation beinhalten, wie z. B.
                                               ten Perspektive steht der Mensch und  vor einer pflegerischen Maßnahme
            Die aktuellen demenzspezifischen   nicht die Erkrankung Demenz im Mit-  den Blickkontakt mit Demenzkranken
            nicht-medikamentösen Ansätze sind  telpunkt. Demenziell Erkrankte werden  aufnehmen.


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            Das Thema                                                                              N r .  8 5  ·  0 4 / 2 0 2 1  25
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