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Amygdala, welche entscheidet, ob hier sich wie ein Schauspieler in einem oder in der postoperativen Phase mas-
eine Gefährdung vorliegt oder nicht. Ist Theaterstück. siver Stress vorliegen, da Patient:innen
dies der Fall, kann der Mensch darüber • Durch Traumaerfahrung gelernte noch keine Handlungssicherheit im
sprechen sowie in den Hippocampus Verhaltensmuster: zwanghafte Kon- Umgang mit dem Stoma haben (vgl.
(Interne Festplatte) einfügen und über trolle, Pessimismus; infolge von kör- Meyer, K./Habermann E./Ofner M., o.J.).
die bewusste Aktivierung des Hippo- perlicher Gewalt: Angst vor Autoritä- Der zusätzliche Kontrollverlust, wie bei
campus kann eine Körperreaktion her- ten, Kampf gegen Autoritäten; ‚notfallmäßigen‘ Stomaanlagen, ist ein
vorgerufen werden. Wenn Gefahr infolge von emotionaler Gewalt: sich klassisches Traumasymptom. Auch die
droht, steuert das Stammhirn das, was entschuldigen, keine Kritik zulassen; unterschiedlichen Gefühle, die nach
dort bisher abgespeichert wurde. Nach infolge von Verlassen werden: Klam- der Stomaoperation auftreten können,
dem Ereignis lösen sich die Blockaden mern, sich auf keine feste Beziehung lösen Stress und je nach Auslöser sowie
wieder. einlassen; infolge von Vernachlässi- Vorprägung traumatischen Stress aus.
Als sogenannte Traumareaktionen bzw. gung: sich nach Strukturen sehnen, Nach der Operation werden Patient:
Triggerwirkungen gelten Sinneseindrü- nur die eigenen Regeln befolgen; innen von Trauer überwältigt, da der
cke als Trigger, welche die sogenannte infolge von sexueller Gewalt: Sex ab- Körper, wie man ihn kennt, nicht mehr
Traumakiste (Pfiffigunde, 2023), die lehnen oder ertragen bis gewünschte da ist und eine neue körperliche Situa-
zwischen Thalamus und Amygdala Anzahl Kinder geboren wurde, Kon- tion eingetreten ist. Bei einer allmähli-
angesiedelt ist, im Gehirn aufspringen trolle mithilfe von Sex (vgl. Pfiffigun- chen Gewöhnung daran kommt es zu
lassen. Wenn diese Kiste aufspringt, de, 2023). mehreren emotionalen Phasen, die
schreit die Amygdala „Gefahr! Gefahr!“ man hier durchlaufen kann. Je mehr
und alles ist in Alarmbereitschaft. Alle Was hat dies mit einer Stomaanlage Kenntnis Patient:innen über diese Pha-
Eindrücke beim Trauma werden daher zu tun? sen haben, desto hilfreicher ist es, um
ungefiltert übernommen. Das Sprach- Patient:innen erhalten aus unterschied- die Gefühle und das damit verbundene
zentrum und Bewertung im Hippo- lichen Gründen ein Stoma, beispiels- emotionale Auf und Ab zu verstehen.
campus bleiben blockiert und körperli- weise als Folge einer Operation oder In dem hier unten anstehenden Schau-
che Reaktionen, z.B. Panikattacken, eines Unfalls. Allein aus der Narkose bild wird die Vielfalt der Gefühle darge-
Dissoziieren, etc. folgen. aufzuwachen und plötzlich mit einem stellt: Der Körper unterliegt einer Ver-
Stoma konfrontiert zu sein, ist ein änderung, was nun von Patient:innen
Direkte Auswirkungen und typische traumatisches Ereignis. Haben Patient: wahrgenommen wird und im unteren
Symptome eines Traumas innen ihr Stoma schon sehr lange, Bild durch die Symbole Auge und Brille
©FgSKW
• Direkte Auswirkungen: Chronischer gleichzeitig treten jedoch immer dargestellt werden. Daraus kann eine
Stress, geringe Merkfähigkeit, Infekt- wieder Schwierigkeiten mit der Versor- Ablehnung dessen entstehen, was
anfälligkeit, Sprachlosigkeit, Trigger- gung auf und die eigentliche Ursache Emotionen wie Wut, Trauer und Angst
reaktionen. des Stomas wurde nicht verarbeitet, hervorrufen können - symbolisiert
• Unterschieden wird zwischen kör- handelt es sich um eine dauerhafte durch das Schleierhafte/Verdeckte und
perlichen Reaktionen – ausgelöst Stressreaktion. Aus dieser dauerhaften den Stein. Ein Verlust ist entstanden
durch den großen Stress, Triggerreak- Stressreaktion kann eine traumatisie- und Fragen wie beispielsweise „Warum
tionen z.B. Erstarren, Zittern, plötzli- rende Wirkung folgen. Diese Orientie- ich?“ treten auf. Dieses entspricht der
che Kopf-/Bauchschmerzen, Weinen, rungslosigkeit belastet dauerhaft das Depression, die als schwarzes Tuch und
Schreien - und Verhaltensmustern, Nervensystem und damit auch den kleines Häschen sichtbar wird. Zuvor
die helfen sollen, das Trauma zu Körper. Ebenso kann vor der Operation genannte Gefühle sind nun die vor-
bewältigen.
• Auslöser für Trigger ist die Ähnlich-
keit mit dem traumatischen Erlebnis.
Triggerreaktionen sind unverhältnis-
mäßig heftig: Wut, Erschrecken,
Scham, Trauer, Leere, Verzweiflung,
Panik, Erstarren, Dissoziation, plötzli-
che körperliche Symptome, Dereali-
sation, Depersonalisation.
• Dissoziation: ist das teilweise oder
vollständige Auseinanderfallen von
psychischen Funktionen, die norma-
lerweise zusammenhängen.
• Derealisation: Gefühl von Unwirk-
lichkeit, die Umgebung ist wie eine
Bühne und erscheint fremd, farblos,
leblos, eintönig, verzerrt.
• Depersonalisation: (ICD 10 F 48.1)
spezielle Form von Dissoziation. Die
Gefühle können nicht dem eigenen
Ich zugeordnet werden. Man fühlt Bild: Kirsten Roth
Das Thema Nr. 97 · 04/2025 13